Kundgebung AFDP stoppen!

AFDP stoppen!

Am 6. Februar fand in Mannheim eine Kundgebung unter dem Titel "AFDP stoppen: Gegen Weimarer Verhältnisse in Thüringen!" statt. Wie in vielen anderen Städten gab es auch hier Protest, weil die FDP und CDU in Thüringen gemeinsame Sache mit der AfD gemacht haben.

 

Die Kundgebung am Paradeplatz war gut besucht. Im Anschluss gab's dann noch eine Spontandemo zur FDP Mannheim, deren Gemeinderatsmitglied Volker Beisel die Gefahr von Faschist*innen wie Björn Höcke verharmlost, wenn er auf Facebook u. a. kommentiert, es "wurde aus drei Kandidaten […] der Mann der Mitte statt der politischen Ränder gewählt."

Hier ist unser heutiger Redebeitrag zur Kundgebung AFDP stoppen: Gegen Weimarer Verhältnisse in Thüringen!

Liebe Freund*innen,

was sich gestern in Thüringen ereignet hat, ist von vielen Seiten als „Dammbruch“ bezeichnet worden. Nur durch die Stimmen des AfD-Landesverbandes um den Faschisten Björn Höcke, konnte sich der FDP-Politiker Thomas Kemmerich in der Wahl zum Ministerpräsidenten gegen den Linken Bodo Ramelow durchsetzen. Dabei konnte dieser antilinke Klüngel mit dem offensichtlichen Ziel der Verhinderung einer wenigstens halbwegs progressiven rot-rot-grün-Regierung auch auf die Unterstützung der CDU setzen, die bekanntlich schon immer vorne mit dabei war, wenn es die „Freiheit“ – also den kapitalistischen Verwertungszwang des Marktes und seine autoritär-nationalistische Durchsetzung - gegen vermeintlich sozialistische Bedrohungen zu verteidigen galt.

Die Zusammenarbeit vermeintlich demokratischer Kräfte mit unverhohlenen Faschist*innen stellt eine neue Qualität des aktuellen Rechtsrucks dar. Von einem Dammbruch lässt sich jedoch auch vor diesem Hintergrund nur dann sprechen, wenn wir gleichzeitig beachten, wie der metaphorische Damm von steten Tropfen gehöhlt wurde. Denn überraschend kam die Kooperation der Vertreter*innen einer sogenannten „bürgerlichen Mitte“ mit der rassistischen, sexistischen und antisemitischen AfD nicht. Was die AfD nämlich ganz offen auslebt, das verstecken CDU und FDP nur unter ihrer Rhetorik aufrechter Demokrat*innen: ihren Rassismus, Sexismus und Antisemitismus. Wenn es, wie nun in Thüringen, die nationale Konkurrenzfähigkeit gegen Links zu verteidigen gilt, ist die Formierung zum völkischen Kollektiv somit nur nahe liegend.

Die Parteien, die sich nur allzu gerne als Teil der vielbeschworenen demokratischen 87% guter Deutsche präsentieren, entledigen sich also ihrer Maske und zeigen, was sie tatsächlich schon immer waren: vor allen Dingen einmal gute Deutsche, und damit stets bereit, sich einzureihen in den nächsten autoritären Hegemonieversuch. Die antilinken und antidemokratischen Ressentiments der bürgerlichen Mitte konstituieren so letztlich eine allzu bereitwillige Appeasement-Politik gegenüber einer faschistoiden Partei.

Dass die Stimmen der AfD schließlich einen FDP-Politiker ins Amt hievten, verwundert uns nicht. Schon der bisher einzige FDP-Ministerpräsident Reinhold Meier, der 1952 bis 1953 in Baden-Württemberg regierte, begründete die 1933 getroffene Zustimmung der Liberalen zum nationalsozialistischen Ermächtigungsgesetz im Reichstag damit, dass es im Interesse von Volk und Vaterland und in der Erwartung einer gesetzmäßigen Entwicklung sei. Bei aller Unterschiedlichkeit zur historischen Situation lässt sich hier durchaus eine Parallele ziehen: Denn die „Erwartung einer gesetzmäßigen Entwicklung“, also die Erwartung, das schon alles schön im Rahmen des kapitalistischen Normalzustandes bleiben werde, versprachen die faschistischen Kräfte damals wie heute eher als ihre progressiven Gegner*innen. Überein kommt man so im Kampf für die „Interessen von Volk und Vaterland“, seien sie nun völkisch oder ökonomisch begründet. Der sich weltoffen gebende Neoliberalismus der FDP offenbart sich somit in seiner Form als eine Ideologie, die die kapitalistische Verwertung des Menschen aufrecht erhalten soll. Wenn es darum geht, die reibungslose Wertverwertung zu gewährleisten, steht er im Zweifel dementsprechend jederzeit bereit, sich in seine autoritäre Entsprechung einer produzierenden Volksgemeinschaft zu transformieren.

Ganz ähnliches lässt sich über die CDU feststellen. Als Partei, die historisch Sammelbecken für zahlreiche Altnazis war – genannt sei hier ein weiterer Ex-Ministerpräsident Baden-Württembergs, der NS-Richter Hans Filbinger – war ihre konservative Tradition schon immer eine, dem hauptsächlich an der Verteidigung deutscher Werte und damit dem genauen Gegenteil der linken Vorstellung einer staaten- und klassenlosen Weltgesellschaft gelegen war. Die Zusammenarbeit mit der AfD ist innerhalb ihrer Parteistrukturen schon lange Diskussionsthema; genannt sei hier exemplarisch die „Werteunion“ mit dem Ex-Verfassungsschützer Hans-Georg Maaßen, die offensiv für eine deutsche Volksfront mit der AfD trommelt. Wurde auf diese Positionen von Seiten der Parteispitze aufgrund anderer Machtoptionen bislang eher ablehnend reagiert, so zeigt sich nun, wie die Auflösung der Formel von der Ablehnung einer Zusammenarbeit mit allen nicht links- oder rechtsextremistischen Parteien real aussieht: gegenüber linken Demokrat*innen wird die Unterstützung der radikalen Rechten wie selbstverständlich vorgezogen.
Gerade in der aktuellen Situation zeigt sich wieder deutlich, dass die CDU lieber einen linken Ministerpräsidenten verhindert als sich klar von der AfD abzugrenzen. Lippenbekenntnisse nützen nichts, wenn doch wieder anders gehandelt wird. Die angekündigte Blockade eines Antrags zur Auflösung des Landtages reiht sich in eine lange Historie politischen Handelns in Zusammenarbeit mit Faschist*innen ein.

Auch wenn Kemmerich und die Thüringer FDP und CDU ihr skandalöses Verhalten nun rückgängig machen wollen: Sie haben gezeigt, was inzwischen in Deutschland möglich ist, und welche Macht sie den Faschist*innen zugestanden haben. Wir lassen uns von Rückziehern keinen Sand in die Augen streuen - der Dammbruch ist bereits erfolgt und lässt sich nur schwer wieder reparieren.

Wenn auch diese weitere Zuspitzung des gesellschaftlichen Rechtsrucks nicht überraschend kommen mag, skandalös ist sie dennoch. Klar zeigt sich uns, dass die bürgerliche Gesellschaft, deren Ziel die Aufrechterhaltung einer reibungslosen Verwertung des Menschen zur Profitgenerierung ist, in ihrer Form wandlungsfähig ist: Mag sie ihre Konkurrenzfähigkeit heute ideologisch eher noch mit dem wenigstens einseitig weltoffenen Neoliberalismus einer FDP gewährleisten, mag eben dies morgen schon über den autoritären, völkischen Nationalismus einer AfD geschehen. Unser Widerspruch hat daher nicht nur offen faschistischen Akteur*innen zu gelten, sondern der gesamten kapitalistischen Wirtschaftsordnung und ihrer Organisierung im bürgerlichen Staat. Gemeinsam mit allen vom Rechtsruck Betroffenen und in Solidarität mit den Antifaschist*innen vor Ort in Thüringen muss es gelten, einen gesellschaftlichen Antifaschismus zu organisieren, der die Vision einer befreiten Gesellschaft beinhaltet, in der die faschistische Radikalisierung kapitalistischer Verhältnisse nicht mehr möglich ist. Wir können nicht einfach dabei zusehen, wie Menschen der sog. „Mitte“ sich unskandalisiert Richtung Rechts außen bewegen. In Thüringen, Mannheim und überall gilt für uns:

Alle zusammen gegen den Faschismus!

 

Transparent "lets choose feminism"Transparent "Kein Fußbreit den Faschisten - Nazis die Räume dichtmachen"