Selbstverständnis

 

In der interventionistischen Linken Rhein-Neckar haben wir uns zusammengefunden, weil wir von der Möglichkeit eines Lebens jenseits von Unterdrückung, Konkurrenz, Herrschaft, Ausbeutung und Zwang überzeugt sind. In einer Welt, die geprägt ist von Angst und Trauer, schließen wir uns zusammen, weil uns ein Leben in solidarischen Beziehungen nicht nur nötig, sondern auch möglich erscheint. Eine Welt geprägt von solchen Beziehungen eröffnet sich uns aber nicht von selbst – vielmehr wollen wir sie gemeinschaftlich erlebbar machen und organisiert erkämpfen, um sie aufzubauen. Das bedeutet, dass wir uns in unserer ganzen Unterschiedlichkeit zusammenschließen, um in die aktuellen und kommenden brennenden gesellschaftlichen Auseinandersetzungen einzugreifen. Organisiert zu sein heißt für uns dabei auch, unsere Politik nicht als loser Freundeskreis zu machen, sondern auf die Schaffung einer demokratischen Organisation hinzuarbeiten, die in den gesellschaftlichen Kämpfen handlungsfähig ist. Deshalb organisieren wir uns nicht nur lokal, sondern sind eine Ortsgruppe der bundesweit aktiven Interventionistischen Linken. Sowohl überregional als auch in der Rhein-Neckar-Region suchen wir die Zusammenarbeit mit allen, die auf unserer Seite stehen.

Unser Anspruch ist, die verschiedenen Verhältnisse, die Menschen an einem guten, sicheren und vernünftig organisierten Leben hindern, in ihrer Verbundenheit zu betrachten und anzugreifen. Den Kapitalismus als das System wirtschaftlicher Herrschaft verstehen wir so nicht getrennt von anderen Formen der Unterdrückung wie Rassismus, Sexismus, Antisemitismus oder Queerfeindlichkeit. Auch wenn aber diese „ganze alte Scheiße“ (Karl Marx) grundlegend zusammenhängt und sich gegenseitig bedingt, verfügen ihre je einzelnen Teile wiederum über eigenen Logiken, die sich unabhängig voneinander fortsetzen können. Um sie also endlich aufzuheben, versuchen wir uns in der Balance zwischen für sich stehenden Kämpfen und deren Zusammenführung in einer verbindenden Perspektive. Wir folgen auf diesem Weg der Vorstellung eines großen Bruchs mit den herrschenden Verhältnissen, der sich entlang vieler kleiner Brüche vollzieht – in unseren Kämpfen liegt das Ziel so auch im Erreichen solcher kleinen Brüche.

Unseren Platz sehen wir dabei inmitten der „wirklichen Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt“ (nochmal Karl Marx). Dort, wo der Widerstand gegen die ständigen Angriffe auf das Leben offensichtlich wird, wollen wir uns einmischen und zwei Perspektiven aufzeigen: Verschiedene Auseinandersetzungen als grundlegend verbunden zu begreifen und sich diesen gegenüber gemeinsam zu organisieren. In diesem Sinne versuchen wir, die Widersprüche im herrschenden Zustand aufzuzeigen, zu stören und dabei Gegenentwürfe zu vermitteln. Zentral ist für uns darüber hinaus die Erarbeitung von Forderungen, die verwirklichbar scheinen und dabei über die kapitalistische Logik hinausdeuten. Eine solche Forderung ist beispielsweise die nach der umfassenden Vergesellschaftung lebenswichtiger Infrastruktur.

Gegründet unter dem Namen Widerstandsgruppe Worms-Wonnegau im September 2003, inspiriert von den Massenblockaden der Resist-Kampagne, haben wir unsere Positionen wie Praxisformen immer wieder den aktuellen Bedingungen angepasst. Mittlerweile sind wir lokal in der Rhein-Neckar-Region verankert, wobei der Schwerpunkt unserer Aktivitäten in Mannheim liegt. Diese reichten dabei von der Beteiligung im stadtpolitischen Bündnis "Wem gehört die Stadt?" (WGDS?) über die Kritik an der Einführung von Videoüberwachung bis hin zu einem Schwerpunkt in der Klimagerechtigkeitsbewegung, wie z.B. bei Ende Gelände. Über die Jahre hinweg hat sich unser monatliches Freiraumcafé – das Café Arranca – zum festen Anlaufpunkt für an unserer Politik Interessierte entwickelt, bei dem wir gemeinsame Bildung und entspanntes Beisammensein verbinden.

Linksradikale Politik lebt davon, dass man sie selber macht. Wir organisieren uns in rebellischer Hoffnung auf eine neue Art des Zusammenlebens. Nur gemeinsam können wir die Beziehungsweisen aufbauen, die wir für eine gänzlich andere Welt benötigen. In diesem Sinne ist es uns Anspruch und Ziel, neue Menschen in unsere Organisation einzubinden und dazu zu ermächtigen, mit uns für eine gerechte Welt zu streiten. Bei Interesse freuen wir uns über Kontaktaufnahme per Mail (info@il-rhein-neckar.de) oder bei unserem monatlichen Café Arranca. Auf der Basis von Verlässlichkeit, Verbindlichkeit, Vertrauen und gegenseitiger Verantwortung treffen wir uns regelmäßig, um im Konsens über unser Vorgehen zu entscheiden. Zu unserer Arbeit gehört auch Barrieren in unserer Gruppe zu erkennen und abzubauen. Unsere Positionen sind nicht in Stein gemeißelt, sondern Ergebnis eines stetigen Aushandlungsprozesses.

Machen wir uns gemeinsam auf den Weg – gegen die Traurigkeit, für das schöne Leben für alle!

Il Rhein-Neckar, im Herbst 2023